Was hat sie nur getan, die Justizministerin???

Vielleicht kann man sagen, wer in der Bildzeitung heftig angegriffen wird, der hat alles richtig gemacht!?
Zumindest finden wir die Angriffe, denen Katharina Barley derzeit ausgesetzt ist, wirklich unangemessen.
Die Faktenlage:
Die EU hat verlangt, dass in allen EU Staaten gleiche Regeln im Rechtssystem gelten und sofern das noch nicht der Fall sein sollte, dies in naher Zukunft gestaltet werden muss.
Viele von uns werden zufrieden auf diese Vorschrift schauen, zwingen sie doch z.B. Polen und auch Ungarn, bestimmte Regeln im staatlichen Bereich, die nicht den demokratischen Prinzipien der Gewaltenteilung entsprechen, zu verändern.
Das erfreut Demokraten.
Aber auch bei uns gibt es Nachholbedarf: Es geht um die Standards der „Prozesskostenhilfe“.
Nicht jeder, der sich nicht gesetzeskonform verhält, hat die nötigen Finanzmittel, um einen Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen, seine Rechte im Verfahren zu wahren. Ob es um ein Delikt im Straßenverkehr geht, um Beleidigungen, um Diebstahl oder körperliche Auseinandersetzungen, um Drogendelikte und vieles mehr…
In allen Fällen steht – so sieht es diese Reform vor – den Angeschuldigten ein Pflichtverteidiger zu, auch schon im Rahmen der polizeilichen Erstvernehmung.
Die Bild schreibt, dass dies absolut überzogen sei, dass „offensichtlichen Tätern“ ein solcher Beistand nicht gewährt werden müsse und der Entwurf weit über das hinausgehe, was die EU verlange.
Ein Strafverteidiger, der den Vorwürfen der Zeitung nachgegangen ist, stellt fest, dass Frau Barley in dem vorliegenden Entwurf nur die Anforderungen des EU Rechts erfüllt habe und diese in der bestehenden Prozessordnung meist schon erfüllt werden. Warum also die Kampagne gegen die Ministerin?
Hat die Bild, angesichts sinkender Umsatzzahlen Angst, dass Betroffene gegen Schlagzeilen klagen könnten, die sachlich unhaltbar sind und den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen? Juristisch kundige VerteidigerInnen könnten ihren Klienten raten, gegen solche „Vorverurteilungen“ in der Presse zu klagen…
Nein, die Bild versucht nicht, ihren wirtschaftlichen Vorteil durch reißerische Schlagzeilen zu wahren…
Um die Beweggründe zu kennen muss vielleicht ein neuer Günter Wallraff wieder Interna aus der Redaktion veröffentlichen.
Uns scheint es wichtig, dass unsere Ministerin ihre Aufgaben sachkompetent und zügig erledigt, auch wenn das nicht allen Menschen im Land gefällt.

Eine persönliche Anmerkung sei mir in diesem Fall gestattet: Nach 5 Jahren Tätigkeit als Schöffin beim Landgericht Kleve glaube ich beurteilen zu können, welche ungeheure Bedeutung eine kompetente anwaltliche Betreuung für Angeklagte hat.

Barbara Wolter